ADFC Sternfahrt 2016 © Dirk Michael Deckbar
Wunderbarer Tag um aufs Rad zu steigen und Einkäufe auf dem Markt zu erledigen. Schön stressfrei am Fluss entlang fahren und sicher ankommen ist in Berlin aber nicht garantiert. 2015 verunglückten 10; 2016 sogar 17 Radfahrer*innen tödlich – etwa die Hälfte wegen rechtsabbiegender Autos. Klingt beängstigend? Der Senat ist dabei etwas zu ändern.
In Dänemark gibt der Staat etwa 21 Euro pro Kopf für eine fahrradfreundliche Infrastruktur, Öffentlichkeitsarbeit und Instandhaltung aus. In Berlin sind es etwa 3,80 Euro.
Mehr Stellen für schnellere Umsetzung
Scheinbar nimmt die Landesverwaltung von Berlin nun mehr Geld in die Hand: In der Stadtentwicklung sind zehn neue Stellen für Fahrrad-Belange ausgeschrieben. Pro Bezirk sollen sich zwei Personen um die Fahrradförderung kümmern – Infrastruktur planen und Kommunikationskampagnen umsetzen. “Vorher gab es für gesamt Berlin gerade mal 1,5 Stellen”, erklärt Simikka Hansen vom Deutschen Fahrrad-Club Berlin (ADFC Berlin e.V.).
Dabei kommen bessere Radwege nicht nur Radfahrer*innen, sondern Fußgänger*innen und Autofahrer*innen zu Gute. Schließlich kann man dann sicher sein, dass jeder in seiner Spur bleibt – Unfälle werden vermieden. Steigen mehr Menschen aufs Rad um, fördert das außerdem den Klimaschutz, Gesundheit und eine lebenswerte Stadt.
50 Orte wurden als gefährlich identifiziert
Dem bisherigen Senat wurde nachgesagt er ließe sich zu lange Zeit für bauliche Veränderungen. Zu Recht: Die Senatsverwaltung führte 2013 eine Online-Petition durch. Dabei wurden die Berliner*innen gefragt, welche Orte sie in der Stadt am gefährlichsten finden. Es konnten 50 Stellen identifiziert werden. Lediglich der Moritzplatz wurde seitdem umgestaltet.
Kinder auf der Sternfahrt. | Photo: ADFC Berlin, Göpfert
Dank der rot-rot-grünen Landesverwaltung ist Licht in Sicht. Der neue Senat kündigte an, dass Unter den Linden bis 2019 autofrei werden soll. Dann dürften dort nur Lieferverkehr und Busse fahren. Auf der Frankfurter Allee soll stadtauswärts eine Autospur einem Radstreifen weichen. Der Modellversuch wird voraussichtlich Ende 2017 starten.
Gibt es schon bald Radschnellwege?
Ein weiteres Projekt – über die reine Sicherheit hinweg – sind Radschnellwege, wie sie in den Niederlanden Gang und Gäbe sind. 30 Strecken wurden vorgeschlagen, davon sollen zwölf in eine engere Auswahl kommen. Laut Simikka will der Senat für zwei von ihnen eine Machbarkeitsstudie bis Ende 2017 durchführen. Dabei wird analysiert wie viel sie kosten, wie lange der Bau dauert oder ob die Strecken funktionieren könnten.
Eine wichtige Rolle bei der beschleunigten Umsetzung, spielt die Initiative “Volksentscheid Fahrrad”. Sie setzt sich aktiv für eine bessere Radsituation ein und hat das Radverkehrsgesetz (RadG) auf den Weg gebracht – Deutschlands erstes Radverkehrsgesetz. Ziel ist, dass sich Radfahrende sicher und komfortabel fortbewegen können.
10 Ziele für bessere Straßen
Das Gesetz wird momentan von ADFC Berlin und “Volksentscheid Fahrrad” mit dem rot-rot-grünen Senat verhandelt. Ein Entwurf soll Ende März stehen und hoffentlich bis Juli erlassen werden.
Grundlage für das Gesetz sind zehn Ziele, die die Initiative “Volksentscheid Fahrrad” für ihr Volksbegehren formulierte. 350 Kilometer sichere Fahrradstraßen und zwei Meter breite Radwege an jeder Hauptstraße sind Teile davon. Dafür sammelten sie damals über 100.000 Unterschriften.
Du bist genervt von den Straßenverhältnissen und willst deinem Frust Luft machen? Jeden letzten Freitag im Monat kannst du dir die Straßen wiederholen. Beim Critical Mass kommen ab 20 Uhr über 3.000 Leute auf ihren Rädern zusammen und biken durch die Straßen: “Reclaim the Streets”.
erschienen am 03. März 2017