Komisch, dass es im Gemüseregal raschelt wie in einer Chips-Tüte. Wenn man im Supermarkt Bio-Kartoffeln, -Ingwer, -Möhren kaufen will, ertastet man kaltes Plastik statt natürlicher Schale. Dabei kauft man Bio doch gerade, weil man sich und der Umwelt etwas Gutes tun will. Besonders seltsam ist, dass die konventionell angebauten Kartoffeln daneben liegen, wie sie Mutter Erde geschaffen hat.
Was hirnrissig erscheint, liegt an einer EU-Regelung zum Schutz der Verbraucher: Wir sollen biologisch angebaute Birnen und Äpfel von herkömmlichen unterscheiden können. Was eignet sich also besser als eine Verpackung um sie zu kennzeichnen. Wenn die Hersteller schon dabei sind, branden sie das Ganze und machen aus einer Fliege einen fetten Werbe-Elefanten mit Chemikalien angereicherten Labels.
Diesen Umstand zu ändern hat sich der niederländische Bio-Großhändler “Eosta” auf die Fahne geschrieben. Mit einer zertifizierten Lasermethode sorgt er dafür, dass jeder weiß was bio ist.
Mit Lasertechnik die Schale branden
Ein Laserstrahl aus Kohlenstoffdioxid löst Farbe aus der äußersten Schicht der Gemüseschale. Somit bekommt die natürlichste der Verpackungen ein “Natürliches Labeling” – ohne Farb- und Hilfsstoffe zu verwenden, ohne Geschmack oder Haltbarkeit zu beeinflussen UND ohne Plastik. Verantwortliche Autoritäten der EU und den USA haben das Labeling genehmigt, da es die Sicherheit des Essens nicht beeinflusst, das Label kann man sogar mitessen.
Die Idee kommt nicht nur im umweltbewussten Skandinavien an. Zwar sind die schwedischen ICA-Supermärkte, die ersten, die das Labeling auf Avocados, Mangos, Ingwer und Süßkartoffeln anwenden, aber auch deutsche Riesen, wie REWE und Edeka folgen bald. “Seit der Pressemitteilung Ende des Jahres stehen die Supermärkte Schlange, auch die Schweiz und Österreich haben sich gemeldet”, sagt Michaël Wilde, Kommunikations- und Nachhaltigkeitsmanager von Eosta.
So können wir Bio-Obst ohne Plastik einkaufen.
Gemüse-Tattoos lassen nicht lange auf sich warten
In wenigen Wochen könnten wir also die ersten Bio-Süßkartoffeln mit Licht-Tattoo in den Händen halten. Gurken und Paprika sollen im Sommer kommen. Zitrusfrüchte eignen sich laut Wilde nicht für das Verfahren. Nach wenigen Stunden könne man das Bio-Zertifikat auf der Schale nicht mehr lesen. Wie präzise das Verfahren ist, kann man sich am 24. Januar auf Galileo ansehen.
Vielversprechend ist die Methode auf jeden Fall. Plastikverpackungen und Aufkleber fallen weg. Allein bei den Avocados in Schweden macht das 2000 Kilogramm Plastikfolie – 1000 Kilogramm Erdöl, die weniger gefördert werden. Der vermiedene CO2-Ausstoß ist so groß, wie etwa 1,3 Autofahrten um die Welt. Und nochmal, das sind nur die Avocados. Unterm Strich bleiben auch die Kosten gleich. Die Plastikkosten, die wegfallen, wiegen die Laserkosten auf.
Die nachhaltigste Verpackung ist keine Verpackung
Der Strick lässt sich weiter drehen: Es würden weniger Lebensmittel im Müll landen. Läden können Ingwer, Süßkartoffeln, Avocados lose anbieten, wodurch wir nur soviel kaufen, wie wir benötigen. Rückführend kann der Handel besser kalkulieren und die Bestellmenge anpassen. Klingt, als käme die Welt ins Gleichgewicht.
Wer nicht sowieso schon Stammkunde bei einem Unverpackt- oder Bioladen ist, kann sich also freuen, dass Bio bald richtig biologisch wird und man nicht bei jedem Griff ins Gemüseregal ein schlechtes Gewissen hat, wie beim Griff in die Chipstüte.