#Whomademyclothes – Wenn unsere Kleidung wieder ein Gesicht bekommt

Wer von uns kann heute noch mit Sicherheit sagen, wer unsere Kleidung näht, geschweige denn, unter welchen Umständen sie produziert wird? Es ist so schwierig wie nie zuvor, den Entstehungsprozess unserer Textilien zurückzuverfolgen. Doch es geht auch anders. Anlässlich der bevorstehenden Fashion Revolution Week zeigen Unternehmen, wie das schwedische Social Startup Pitupi, dass Mode auch fair sein kann.

In Bangladesch arbeiten Textilarbeiter*innen oft stundenlang ohne Pause. Arbeitstage von 12-16 Stunden sind keine Seltenheit und gehören zum Alltag. Dennoch ist die Arbeit in Bangladeschs Textilfabriken begehrt. Die Menschen dort haben oft keine Alternative. Entweder der Job in der Textilfabrik oder ein Leben ohne Perspektive auf der Straße.

Wenn in Deutschland eine neue Filiale des britischen Textildiscounters Primarks eröffnet, drängeln sich Hunderte von Menschen vor der Filiale und versuchen, den besten Platz zu ergattern. Der Traum vom Schnäppchenkauf des Monats hat die allermeisten dorthin geführt. Ein T-Shirt für fünf Euro hier, ein paar Schuhe für sechs Euro da. Es geht nicht darum, dass man neue Kleidung braucht. Das Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben, zählt. Hauptsache viel und billig.

Kleidung ohne Wert

So unterschiedlich das Leben der Menschen in Bangladesch und Deutschland auch sein mag, sie beide vereint die Tatsache, dass keiner etwas über die Geschichte des anderen erfährt.  Das gekaufte Kleidungsstück ist für beide nur ein billiges Produkt, das weder von den Näherinnen in Bangladesch, noch dem Endkunden in Deutschland wertgeschätzt wird. Ein Produkt, welches im Schnitt vier Mal von uns getragen wird, dessen Herstellung 2720 Liter Wasser verbraucht hat und 22 Gruppen von Chemikalien enthält.

Bild: Fashion Revolution

Bis zu 12 Kollektionen jährlich

Das ist der Alltag in der Fast Fashion Industrie. Den Einzelhändlern, wie H&M, Zara und Co. ist es gelungen, die Nutzzyklen unserer Kleidung so zu verkürzen, dass wir ständig das Gefühl suggeriert bekommen, immer die trendigsten und neuesten Stücke der Kollektionen besitzen zu müssen. Bei einer Anzahl von bis zu 12 Kollektionen pro Jahr häufen sich bei den meisten von uns tonnenweise Kleidung an. Das alles ist natürlich nur möglich, weil die Produktionszyklen in den Herstellungsländern drastisch verkürzt und die Produktionsstätten selbst mächtig unter Druck gesetzt werden. Getreu nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ wird dort in Akkordarbeit produziert, ohne Rücksicht auf Arbeiter*innen vor Ort zu nehmen. Wir müssen uns also endlich die Frage stellen, wohin das alles führen wird.

Pitupi: People to People

Ein kleines Unternehmen, das sich dieser Frage angenommen hat, ist das Kindermodelabel „Pitupi“. Mit ihrer Mission „People to People“ möchte das schwedische Startup, das vor einem Jahr in Lund gegründet wurde, die Beziehung zwischen Näherinnen und Endkunden wiederherstellen und den Kleidungsstücken somit ein Gesicht geben. Ein Gesicht, welches erzählt, unter welchen Bedingungen und mit welchen Materialien das Kleidungsstück gefertigt wird. Deshalb hat sich das Startup neben dem ökologischen Aspekt, Bio-Kindermode herzustellen, auch dem sozialen Impact verschrieben. Die beiden beschäftigten Näherinnen leben in Albanien, wo Pitupi mithilfe von Fördergeldern der italienischen Caritas eine eigene Produktionsstätte aufgebaut hat. Das Startup möchte den albanischen Frauen eine berufliche Perspektive geben und die lokale Wirtschaft nachhaltig stärken.

Für die albanische Näherin Entela ist die Arbeit eine Chance, neue Menschen kennenzulernen und mehr Wissen zu erlangen.

Nähen ist Majlindas große Leidenschaft seitdem sie ein kleines Mädchen war. Pitupi ist für sie ein wundervolles Projekt, das allen hilft und die Familien unterstützt.

Share the love: Handsignierte Preisschilder

In liebevoller Handarbeit entstehen so einzigartige Kleidungsstücke für Kinder im Alter von 0-6 Jahren, die nicht nur aus GOTS zertifizierter Bio-Baumwolle bestehen, sondern auch von Majlinda und Entela, signiert werden. Sobald die Kleidungsstücke beim Kunden zuhause ankommen, ist jedes Produkt mit einer Postkarte versehen, die mit Zeichnungen der Kinder oder einfach ein paar netten Worten direkt an die Näherinnen in Albanien zurückgeschickt werden kann. Dadurch ist es Pitupi gelungen, ein enges Verhältnis zwischen den Menschen, die hinter dem Produkt stehen und den Menschen, die Freude mit dem Kleidungsstück haben, aufzubauen.

Postkarte, die mit jeder Bestellung mitgeschickt wird. Sie kann mit einer persönlichen Nachricht an die beiden Näherinnen zurückgeschickt werden.

Nähetiketten bei Pitupi

Schwedisches Lebensgefühl statt Kollektionswahnsinn

Beim Design der Kleidung achtet Pitupi zudem auf kinderfreundliche Schnitte und wendet sich von dem klassischen Gedanken, mehrere Kollektionen pro Jahr auf den Markt zu bringen, ab. Außerdem ist Pitupi’s Preisgestaltung komplett transparent und man kann online sehen, wie sich der Preis der einzelnen Produkte zusammensetzt. Pitupi orientiert sich an den Werten, die das Familienleben in Schweden ausmachen und erzählt mit den aktuellen Kleidungsstücken von abenteuerlustigen und neugierigen Kindern. In den kommenden Monaten wird es neue Kleidungsstücke und Prints geben, die etwas gedeckter sind, aber trotzdem den Fokus auf dem Grundgedanken legen, sich als Kind frei fühlen zu können und ständig Neues auszuprobieren.

#Whomademyclothes – Fashion Revolution Week

Zur Fashion Revolution Week, die dieses Jahr vom 24.4.-30.4. weltweit stattfindet, möchte auch das schwedische Startup ein Zeichen setzten.  Der Fashion Revolution Day findet jedes Jahr am 24. April statt und soll an das Unglück erinnern, als 2013 durch den Einsturz des Fabrikkomplexes Rana Plaza mehr als 1000 Menschen starben. Weltweit fragen sich Konsumenten „Who made my clothes?“ und posten Bilder von verkehrt herum getragener Kleidung auf Instagram und Facebook. Auch Pitupi möchte die Fashion Revolution Week nutzen und jedem die Möglichkeit geben, die Näherinnen in Albanien und deren Arbeit besser kennenzulernen. Darum wird es eine Q&A Runde geben, mit Fragen aus der Community, die vorab über die Social Media Kanäle und per Email gestellt werden können. Gerade durch solche Aktionen und einer ordentlichen Portion Ehrgeiz, wird Pitupi auch in Zukunft für mehr  Transparenz und Menschlichkeit in der Textilindustrie kämpfen.

Bei Pitupi werden alle Kleidungsstücke mit viel Liebe zum Detail per Hand gefertigt.

Wer noch mehr über das schwedische Startup und über die Geschichte hinter dem Unternehmen erfahren möchte, kann sich auf der Webseite umsehen: www.pitupi.de/sv/

erschienen am 11. April 2017

Über die Autorin:

Jess, 24 Jahre, aus Nürnberg. Lebt momentan in Schweden und schreibt auf ihrem nachhaltigen Lifestyleblog „the liveliest“ über Fair Fashion, Yoga, gesunde Ernährung und persönliche Weiterentwicklung.

 

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